Presse und Service
Presse und Service | Foto: A. Zelck / DRKS

20 Jahre Schuldnerberater

Als Kyra Quaas nach ihrem Studium an der Universität Rostock ihr Diplom als Ökonom überreicht bekam, ahnte sie noch nicht, dass sie damit den Grundstein für ein interessantes, aber auch anstrengendes Berufsleben legte. Doch die Umbrüche der Wende gingen natürlich auch am Arbeitsleben von Kyra Quaas nicht spurlos vorbei.

So startete sie 1992 in einer der längst nicht mehr stehenden Baracken am Wolgaster Paschenberg als Schuldnerberaterin in der neuen vom Arbeitslosenverband getragenen Beratungsstelle. „Um die Finanzierung der Beratungsstelle und alle verwaltungstechnischen Aufgaben mussten wir uns damals noch selbst kümmern“, erinnert sich Quaas, die nun seit 20 Jahren gemeinsam mit ihrer Anklamer Kollegin Inge Bienert An− sprechpartnerin für die finanziellen und sozialen Probleme der Schuldner ist.

„Wer sich als Schuldnerberater berufen fühlt, kann nach einem abgeschlossenen Studium in Wirtschaft, Pädagogik oder Rechtswissenschaften eine Zusatzausbildung zum Schuldnerfachberater abschließen“, erläutert sie.

Mindestens genauso entscheidend für die Arbeit sei es jedoch, dass man zuhören, Geduld aufbringen und gezielt nachfragen könne. „Die wichtigste Grundvoraussetzung für diese vertrauensvolle Aufgabe ist aber Verschwiegenheit“, macht die Leiterin der Beratungsstelle deutlich. Denn die Beraterinnen bekommen von den betreuten Schuldnern vieles zu hören, was weit über das rein Finanzielle hinausgeht. „Wenn man erst einmal das Vertrauen gewonnen hat, reicht das bis zu den familiärsten Dingen“, so Inge Bienerts Erfahrung.

Zu den derzeit 750 laufenden Fällen kommen jährlich im Durchschnitt 250 dazu. Die höchste Schuldsumme lag bisher bei rund fünf Millionen Euro. Auf jeden dieser Fälle müssen sich die Beraterinnen individuell einstellen. Manche Schuldner begleiten sie nur einen Monat, andere dagegen bis zu zehn Jahre. Treffen sie die Betreuten später außerhalb der Beratungsräume wieder, reagieren diese ganz unterschiedlich. „Einige schauen weg, aber viele kom− men auch auf einen zu, um sich noch einmal zu bedanken“, so Bienert.

Bei einem Einkauf gemeinsam mit dem Ehemann heißt es dann schon mal leicht genervt: „Woher kanntest Du denn den schon wieder?“ Auch die beiden Frauen mussten erst lernen, damit umzugehen. „Man wird durch diese Arbeit bekannt wie ein bunter Hund“, sagt Kyra Quaas schmunzelnd.

Seit 2004 wird die Beratungs− stelle vom Deutschen Roten Kreuz getragen, bei dem Finanzierung und Verwaltung zentral ausgeführt werden. Außerdem sorgt mit Sabine Lüdemann eine qualifizierte Verwaltungsmitarbeiterin dafür, dass den Beraterinnen mehr Zeit für ihre eigentliche Aufgabe bleibt. Und das ist auch dringend nötig, denn spätestens seit der Einführung der Privatinsolvenz 1999 sind die Anforderungen, vor allem im juristischen Bereich, erheblich gestiegen.

Durch die Volljuristin Doreen Sadewasser, die seit 2004 zur Beratungsstelle gehört, fühlt sich das Team jedoch auch für diese Aufgaben noch besser gerüstet. Regelmäßige Weiterbildungen sind natürlich trotzdem Pflicht. Denn wer bei einer Beratungsstelle wie der des DRK arbeiten will, muss alle drei Jahre die Voraussetzungen für eine staatlich anerkannte Beratungsstelle nachweisen. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales überprüft dabei unter anderem die Fortbildung zu aktuellen Rechtsentwicklungen oder Veränderungen im Insolvenzverfahren.

Doch nicht nur aus diesem Grund blieb Kyra Quaas und Inge Bienert in den vergangenen Monaten kaum Zeit, um ihr Jubiläum zu feiern. Das Schaltjahr 2012 hatte es vor allem wegen des Brandes im Wolgaster Vereinshaus in sich. „Glücklicherweise waren unsere Akten dank sicherer Lagerung nur optisch beschädigt. Sogar die Daten von der Festplatte meines Laptops konnten noch gerettet werden“, erinnert sich die Beratungsstellenleiterin an den größten Schreck des Jahres.

In der ersten Etage des alten Kreishauses auf der Schlossinsel wurden neue Büroräume gefunden, in die mittlerweile wieder der Alltag eingekehrt ist. Und Kyra Quaas kann augenzwinkernd darauf verweisen, das 2012 auch einige freudige Ereignisse bereit hielt: Gleich zwei Mitarbeiterinnen brachten gesunde Kinder zur Welt.

„Für die Zukunft wünschen wir uns, dass bereits in der Schule Grundkenntnisse zur Bewältigung alltäglicher Verpflichtungen, etwa von Alltagsgeschäften, Kaufverträgen oder Zahlungsverpflichtungen, Miete, Stromabschlag oder GEZ, gelegt werden“, sind sich die Beraterinnen einig.

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