Presse und Service
Presse und Service | Foto: A. Zelck / DRKS

Der Zugang zu Energie als soziales Recht

Die Versorgung von Haushalten mit Energie ist Voraussetzung für ein menschenwürdiges Leben und gesellschaftliche Teilhabe. Im Rahmen der Daseinsfürsorge hat der Sozialstaat eine Grundversorgung mit Energie sicherzustellen. Haushaltsenergie wie Strom, Gas und Heizenergie gehören zum Existenzminimum eines Menschen. Die teils drastisch gestiegenen Kosten für Energie führen dazu, dass immer mehr Menschen mit niedrigem Einkommen ihre Strom- und Gasrechnung nicht mehr bezahlen können.

Besonders hart treffen die Preissteigerungen Menschen, die Sozialleistungen beziehen sowie Geringverdiener, die gerade soviel Einkommen erwirtschaften, dass sie keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben. Durch eben dieses Zusammenspiel aus steigenden Energiekosten und einem stagnierenden oder sogar rückläufigen Einkommensniveau kann es, insbesondere bei Hinzukommen weiterer Faktoren, zu auflaufenden Energieschulden kommen. Bereits jetzt haben Anfragen und der Beratungsbedarf zu Energie- und Mietschulden in der Schuldnerberatung zugenommen. Energieschulden verschärfen die Überschuldungssituation von Haushalten. Die Preissteigerungen für den benötigten Bedarf an Strom und Gas können mit dem bestehenden Einkommen nicht mehr gedeckt werden. Zusätzlich steigen für einige Haushalte die Kaltmieten in Folge energetischer Gebäudesanierungen.

Forderungen

1. Energiewende sozial gerecht gestalten

Die Kosten für Energie dürfen für Haushalte mit niedrigem Einkommen nicht zu einer immer größeren Belastung werden. Die Politik muss dafür entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen. Mögliche Instrumente zur sozialen Ausgestaltung der Energieversorgung sind beispielsweise die Senkung der Stromsteuer, die Verpflichtung der Energieversorger zur Einführung von kostengünstigen Sockeltarifen und die Implementierung einer wirksamen Strompreisaufsicht

2. Gesetzliche Hürden für Energiesperren durch Energieversorgungsunternehmen deutlich erhöhen

Die bis zu 800.000 Strom- und Gassperren pro Jahr sind ein sozialpolitischer Skandal. Die Versorgung mit Energie muss ein Menschenrecht sein. Ein Leben ohne Energie ist in der heutigen Zeit nicht mehr zumutbar. Von daher sollten die Voraussetzungen für das Abstellen von Strom oder Gas durch die Energieversorgungsunternehmen einer strengeren gesetzlichen Kontrolle und Reglementierung unterliegen. Dazu gehört auch die rechtliche Verpflichtung von Unternehmen und Sozialleistungsträgern, bei Energieschulden frühzeitig zu kooperieren und unabhängige Clearingstellen einzurichten, die bei Schuld-nerberatungsstellen angesiedelt werden können. Während solcher Clearing-Verfahren darf es zu keiner Energiesperre kommen. Vor Vollziehung der Energiesperre sollte die Prüfung milderer Mittel, wie beispielsweise Stundungen, Ratenzahlungen, oder in geeig-neten Fällen der Einsatz von Prepaid-Zählern, verpflichtend sein. Bei Ratenzahlungsver-einbarungen zwischen Energieversorgungsunternehmen und Kunden ist darauf zu ach-ten, dass die Höhe der einzelnen Rate in einem angemessenen Verhältnis zu dem zur Verfügung stehenden Einkommen steht, um eine erfolgreiche Regulierung der Zahlungs-rückstände zu gewährleisten.

3. Bei Sozialleistungen die tatsächlichen Energiebedarfe berücksichtigen

Grundbedarfsbezogene Sozialleistungen (Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II, Grundsiche-rung im Alter, Wohngeld) müssen entsprechend den tatsächlichen Energiebedarfen des jeweiligen Durchschnittshaushaltes und den Energiepreisentwicklungen bemessen wer-den. Der in den Regelleistungen des SGB II und XII enthaltene Anteil für Stromkosten im Haushalt muss dementsprechend reale Kosten abbilden. Dazu gehört auch die zeitnahe Berücksichtigung von Strompreiserhöhungen durch eine dynamische Anpassung der Regelbedarfe. Bei der Bemessung der Höhe des Wohngeldes müssen zusätzlich zur Kaltmiete zukünf-tig auch die Energiekosten der Haushalte zugrunde gelegt werden.

4. Zuschüsse und Darlehen für Energieschulden gewähren

Die Jobcenter sollten Energieschulden von Leistungsempfängern nach SGB II nicht dar-lehensweise, sondern im Einzelfall auch wieder durch einen Zuschuss begleichen kön-nen. Ebenso sollten für Menschen, die in prekären Einkommensverhältnissen jenseits der Grundsicherungsleistungen leben, Stromschulden darlehensweise übernommen werden.

5. Abwrackprämien für „Energiefresser“ an einkommensarme Haushalte gewähren

Haushalten mit niedrigem Einkommen sollten Zuschüsse und einmalige Leistungen zur Anschaffung von energieeffizienten Haushaltsgeräten gewährt werden. Das betrifft so-wohl Neuanschaffungen bei Haushaltsgründungen als auch das Ersetzen von alten „Energiefressern“ durch Geräte mit hoher Energieeffizienz.

6. Energiesparberatung und Energieschuldnerberatung fördern

Gerade für Haushalte mit niedrigen Einkommen muss präventiv eine Energiesparbera-tung kostenlos und flächendeckend angeboten werden. Entsprechende Konzepte wie z.B. der „Stromspar-Check für einkommensschwache Haushalte“ oder die Energiebera-tungen der Verbraucherzentralen sind auszubauen und mit entsprechenden Ressourcen auszustatten. Analog ist eine Energieschuldnerberatung konzeptionell zu fördern und fi-nanziell zu unterstützen.

7. Energetische Gebäudesanierung warmmietneutral gestalten

Eine energetische Modernisierung von Mietwohnungen ist in der Regel warmmietneutral durchzukalkulieren. Sollte es im Ergebnis dennoch zu gestiegenen Kaltmieten kommen, sollten die Jobcenter die „Angemessenheitsgrenzen“ für Grundsicherungsbezieher ent-sprechend erhöhen.

AG SBV 31.01.2014 in Bad Honnef

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